Piraten wirken

Die Piratenfraktionen Schleswig-Holstein, Berlin und NRW haben Anträge in den Landesparlamenten eingebracht um das Gesetz zur Bestandsdatenauskunft im Bundesrat zu Fall zu bringen. In NRW und Berlin wurde daraufhin das Thema auf die Tagesordnung gehoben. Die Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus wurde teilweise sehr hitzig geführt und kann als Video nachverfolgt werden.

NRW

In NRW kommentierte der SPD-Abgeordnete Dirk Schlömer den Piraten-Antrag wie folgt:

“Die moderne Telekommunikation hat sich in den vergangenen Jahren nicht nur selbst in vielen Fällen als ein neues und eigenständiges Betätigungsfeld Krimineller entwickelt, sondern spielt auch bei der Organisation und Durchführung von Straftaten eine immer größere und bedeutende, ja sogar, würde ich sagen, eine ganz entscheidende Rolle. Das ist auch der Grund, warum es zu einer erfolgreichen und zügigen Strafverfolgung unverzichtbar ist, dass alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden können, um im Rahmen des geltenden Rechts schnell und ausreichend Zugriff auf die zulässigen und notwendigen Daten zu erhalten. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, aus diesem Grund möchte ich davor warnen, das gesamte Thema einseitig und somit fast ausschließlich mit der Brille eben dieser zu schützenden Persönlichkeitsrechte zu betrachten. Doch genau das, Herr Herrmann, ist der Tenor des Piratenantrags, der deshalb eindeutig zu kurz greift.”

Die CDU-Abgeordnete Kirstin Korte verglich PIN und Passwörter gar mit Daten die über Suchmaschinen frei verfügbar seien und hat offenbar vergessen, dass die CDU auch die Speicherung der sensiblen Verbndungsdaten auf Vorrat (Vorratsdatenspeicherung) befürwortet:

“Bestandsdaten sind dabei in erster Linie Name und Anschrift sowie weitere Kontaktdaten des Inhabers eines Telekommunikationsanschlusses. Es fallen aber auch die vom Provider dem Kunden zur Verfügung gestellten Zugangsdaten, zum Beispiel Handy-PIN, darunter. Nicht zu den Bestandsdaten zählen diejenigen Verbindungsdaten, die erst bei der eigentlichen Telekommunikation anfallen. Und das, wenn ich das anmerken darf, sind die wirklich sensiblen Daten. Ich behaupte einfach mal: Die meisten der vorhin genannten Daten kann jeder, der sich einer Suchmaschine bedient, auch so relativ einfach über das Internet herausfinden.” (Zuruf von den PIRATEN: Handy-PIN? Interessant!)
“Was viele Bürgerinnen und Bürger freiwillig über sich bei Twitter und Facebook preisgeben, geht über Adresse und Telefonnummer weit hinaus.”

Für die NRW-FDP ergiff Dr. Robert Orth das Wort:

“Lieber Herr Kollege Bolte, Sie sprachen gerade davon, dass die Bundesregierung unseriös sei. Dabei haben doch Ihre Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün ein Gesetz verabschiedet, (Zuruf von Matthi Bolte [GRÜNE]) das nach Ansicht des Verfassungsgerichts verfassungswidrig ist. (Beifall von der FDP)Insofern ist es vielleicht eine späte Einsicht, dass Sie das Urteil des Verfassungsgerichts begrüßen. Sie hätten es aber auch verhindern können. Ich habe eigentlich gedacht, dass Sie Ihre Hausaufgaben vorher machen. Dann eines in Richtung SPD: Es besteht überhaupt nicht die Notwendigkeit, alle Daten, die es gibt, auch tatsächlich zu erfassen. Das Verfassungsgericht hat nur gesagt, was man darf. Das Verfassungsgericht hat aber nicht gesagt, dass man etwas erfassen muss. Diesbezüglich haben Sie von den Sozialdemokraten, glaube ich, ein völlig falsches Grundverständnis. Die Bundesregierung hat genau in diesem Spagat zwischen dem, was man erfassen sollte, und dem,
was verfassungsrechtlich noch gedeckt ist, einen Kompromiss gefunden. Dieser Kompromiss ist sicherlich nicht hundertprozentig liberal – sonst wäre es kein Kompromiss –, aber er ist verfassungsgemäß, und damit unterscheidet er sich wohltuend von dem, was uns Rot-Grün hinterlassen hat, meine Damen und Herren.”

Garrelt Duin, Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk ergriff für die Landesregierung das Wort:

“Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung kann den Antrag der Piraten, das TKG im Bundesrat abzulehnen, nicht unterstützen.”

Schleswig-Holstein

Der Innen- und Rechtsausschuss des Landes Schleswig-Holstein unterstützt nach eingehender Debatte weitgehend die Forderungen der Piraten.

Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich mit dem ihm durch Plenarbeschluss vom 15. November 2012 überwiesenen Antrag der Fraktion der PIRATEN, Schutz der Vertraulichkeit und Anonymität der Telekommunikation, Drucksache 18/311, in zwei Sitzungen befasst. Er schloss seine Beratungen in seiner Sitzung am 10. Dezember 2012 ab.
Mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, eines Abgeordneten der Fraktion der PIRATEN und eines Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der Fraktion der CDU empfiehlt er dem Landtag die Annahme des Antrags in der folgenden Fassung:

Der Landtag wolle beschließen:
Der Landtag ersucht die Landesregierung, bezüglich des Entwurfs der Bundesregierung eines Gesetzes zur Änderung des Telekommunikations-gesetzes und zur Neuregelung der Bestandsdatenauskunft im Bundesrat darauf hinzuwirken, dass

 

  1. der Systematik des Telekommunikationsgesetzes entsprechend analog zur Datenverwendung nach § 113 b TKG auch für Bestandsdaten ein einfachgesetzliches Zitiergebot Klarheit darüber herstellt, welche Geset-ze einen staatlichen Zugriff auf Kommunikationsdaten erlauben sollen und welche nicht,
  2. für die Abfrage von IP-Adressen durch Behörden dieselben verfahrens-rechtlichen und inhaltlichen Voraussetzungen eingeführt werden wie für die Auslieferung von Telekommunikations-Verkehrsdaten (z.B. Richter-vorbehalt, Eingriffsschwellen); da IP-Adressen die Schnittstelle zwi-schen Bestands- und Verkehrsdaten darstellen, muss hier der höhere Standard zur Anwendung kommen,
  3. die Auslieferung von Bestandsdaten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 TKG) ge-setzlich ausdrücklich auf Einzelfälle beschränkt bleibt und die verpflich-tende Einführung einer elektronischen Auskunftsschnittstelle unterbleibt,
  4. eindeutig und restriktiv gesetzlich geregelt wird, unter welchen verfah-rensrechtlichen (z.B. richterliche Anordnung oder Bestätigung und Do-kumentationspflichten) und inhaltlichen Voraussetzungen Zugangssi-cherungscodes (wie Passwörter, PIN oder PUK), die den Zugang zu Endgeräten (z.B. Mobiltelefonen) und Speicherungseinrichtungen (z.B. E-Mail-Postfächer) sichern, gegenüber Staatsbehörden preiszugeben sind und deren Nutzung zugelassen wird, denn Passwörter ermöglichen nicht nur den Zugriff auf Bestandsdaten, sondern auch den Zugriff auf weitere sensible Inhalte der Telekommunikation und sogar weitere per-sönliche Inhalte wie Fotos, Tagebücher und Dokumente; der Vorrang der Telekommunikationsüberwachung unter Mitwirkung des Anbieters vor dem unmittelbaren Zugriff mithilfe von Zugangssicherungscodes ist festzuschreiben,
  5. bezüglich des Verbots unter Bußgeldbewehrung einer Herausgabe von Zugangssicherungscodes an unberechtigte Behörden oder Dritte der Status quo erhalten bleibt,
  6. die Auskunftserteilung anhand rechtswidrig gespeicherter Kommunikationsdaten nicht erlaubt wird,
  7. keine Weiterentwicklung des Aufgabebereiches von BKA und ZKA au-ßerhalb des Kernaufgabenbereichs zu einer allgemeinen Internetpolizei erfolgt, weil damit ein Eingriff in die polizeiliche Länderhoheit verbunden wäre,
  8. der Bund es dem zuständigen Fachgesetzgeber überlässt, zu regeln, in welchem Zeitrahmen und Umfang Auskünfte zu erteilen sind und ob der Anbieter seine Kunden informieren darf und
  9. eine Benachrichtigung der Betroffenen mindestens von Eingriffen in das Fernmeldegeheimnis (Identifizierung von Internetnutzern) und von der Auslieferung persönlicher Zugangssicherungscodes analog der entsprechenden Regelung in der Strafprozessordnung sichergestellt wird.

 

2 Antworten zu Piraten wirken

  1. Pingback: PIRATEN geben ihre Bestandsdaten zurück › Piratenpartei Deutschland

  2. Andrea sagt:

    hi ihr von der Piratenpartei,
    macht euch wegen diesem Gesetz doch mal nicht so in die Hose! ROFL!!

    Denn: es gibt inzwischen zwei Wege, wie wir uns länst dagegen wehren können:
    a) einmal die neue Sorglos-Box
    dazu mal hier gucken:
    http://www.sorglosinternet.de/sorglosbox/

    http://www.sorglosinternet.de/installation/

    Dass bedeutet: die Ermittler bekomme nicht mehr eure IP-Adressen, weil die nur noch die von diesem VPN-Dienst sehen. Und ohne eure IP-Adressen gib’s keine Datenzuordnung und ohne diese gibt es keien Daten für diese Herren Schnüffler und Abmahner!! So einfach ist dass!!

    Das zweite kleine gemeine aber feine Tool ist TrueCrypt.
    Dabei handelt es sich um eine opensource-Verschlüsselungs-Software. Mit dieser reigelt ihr nun noch euren PC ab und schon kommen die nicht mehr an eure Passwörter und Pins heran. Folge: auch hier blitzen diese Schnüffler ab und kriegen damit eure Daten eben nicht!! :-D

    Übrigens: auch das FBI hat sich an dieser Software bereits die Zähne ausgebissen:

    http://derstandard.at/1277336831638/FBI-beisst-sich-an-verschluesselten-Festplatten-die-Zaehne-aus

    Und als drittes gibt es noch ein paar feine und gemeine Firefox-Adonns, mit denen ihr ebenfalls diese Typen mal ganz einfach aussperrt.

    Von daher: wer lacht am Schluss, ihr Piraten?? Das sind wir User, weil wir diesen Schnüfflern bereits drei Schritte voraus sind.

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